Es gibt viele Eigenschaften, die als typisch männlich oder weiblich gelten. Doch was ist angeboren und was ist anerzogen?
Gehen Sie professionell mit Vorurteilen um: Lesen Sie in diesem Beitrag aus , wie Sie Ihre eigene Kommunikation verbessern, vervollständigen und Missverständnisse vermeiden können – auf dem beruflichen, privaten und dem gesellschaftlichen Parkett.
Gibt es eine „typisch männliche“ und eine „typisch weibliche“ Kommunikation?
„“ – So lautet der populäre Titel des Bestsellers von John Gray. Ob Frauen und Männer wirklich in 2 unterschiedlichen Welten leben? Der Alltag lehrt uns zumindest, dass sie oft unterschiedliche Stile der Kommunikation bevorzugen, andere „Kommunikationsmuster“ haben. Das führt oft zu Missverständnissen.
„Typisch Mann“ und „typisch Frau“: Kennen Sie Situationen wie diese?
1. Beispiel aus der Redaktion: Unter Kollegen
Sieglinde Berger möchte gemeinsam mit ihrem Kollegen Franz Drews ein Fortbildungsseminar besuchen. Mit den Worten „Ich hole dich dann morgen früh um 8:00 Uhr bei dir zuhause ab“ und dem guten Gefühl, ein wahrer Gentleman zu sein, verabschiedet sich Herr Drews von seiner überrumpelten Kollegin.
Diese denkt verärgert: „Typisch Mann! Erkundigt sich weder, ob mir die Uhrzeit passt, noch ob ich nicht lieber selbst fahren möchte. Ganz abgesehen davon habe ich mir eigentlich geschworen, mich nie wieder in sein Auto zu setzen – er hat einen unmöglichen Fahrstil!“
2. Beispiel aus der Redaktion: Im Privatleben
Frau und Herr Goldmann wollen einen Termin für eine Grill-Party ausmachen. Frau Goldmann favorisiert einen bestimmten Samstagabend. Doch genau an diesem Wochenende beginnt die Jagdsaison.
Sie geht davon aus, dass ihr Wunschtermin ihrem Mann – einem passionierten Jäger – nicht so gut passt. Dennoch: Ihr Mann sagt sofort zu. Frau Goldmann will ihm entgegenkommen und hakt nach: „Warum bevorzugst du denn nicht den Sonntagabend? Du akzeptierst den Samstag, obwohl die Jagdsaison beginnt?“ Ihr Mann reagiert verärgert, was wiederum sie verletzt.
Herr Goldmann hat das Gefühl, Rechenschaft über seine Zeiteinteilung abgeben zu müssen – für ihn ist klar, dass jeder sich für seine eigenen Interessen einsetzt, deshalb empfindet er es als aufdringlich, wenn seine Frau in seinen Motiven herumstochert. Ihr Versuch, einen möglichen Interessenkonflikt zu vermeiden, ist genau das, was den Konflikt auslöst.
3. Beispiel aus der Redaktion: Mitarbeiter und Vorgesetzte
Joachim Meyer ist verärgert: „Gestern sagte die Chefin: ‚Ihr Projektbericht gefällt mir; ich wusste doch, dass Sie der richtige Mann für diese Aufgabe sind! Ich habe hier lediglich ein paar kleine Änderungsvorschläge. Ob Sie da vielleicht noch einmal draufschauen könnten?‘
Heute tut sie plötzlich erstaunt: ‚Sie haben meine Korrekturen so gut wir gar nicht berücksichtigt. So kann ich den Bericht aber auf gar keinen Fall weitergeben …!‘“
Er denkt: „Warum sagt sie mir nicht klipp und klar, was sie will, statt mir Honig um den Bart zu schmieren?“ Sie denkt: „Warum nimmt er denn meine Kritik nicht ernst – und korrigiert den Bericht nur oberflächlich?“ Die Chefin will rücksichtsvoll sein, verzichtet dabei aber auf die notwendige Klarheit. Der Mitarbeiter hingegen nimmt nur das Lob wahr; die diplomatisch verpackte Kritik überhört er.
Angeboren oder erlernt? Wo die Wurzeln des Übels liegen
Vorab eine Warnung: Weiterlesen könnte Ihre bisherige Weltsicht verrücken – jedenfalls dann, wenn Sie Bestseller-Autoren wie Barbara und Allan Pease oder Eva Herman bisher etwas abgewinnen konnten.
Das Ehepaar Pease schreibt Bücher wie „“ und behauptet: Frauen und Männer sind komplett unterschiedlich. Männer lernen schlecht Sprachen. Frauen können nicht räumlich denken. Männer arbeiten gern hart. Frauen gehen lieber Schuhe kaufen. Und so weiter. Das alles sei in den Gehirnen von Geburt an felsenfest verankert.
Eva Herman verdichtet solche Thesen zum Eva-Prinzip: Die Emanzipation sei ein Irrtum gewesen, schreibt sie in ihrem umstrittenen Buch: Frauen sollten die „schöpfungsgewollte Aufteilung“ der Geschlechter respektieren und sich ihrer biologischen Bestimmung entsprechend verhalten.
Und die amerikanische Psychiaterin Louann Brizendine landete mit ihrem Buch „“ (Das weibliche Gehirn) vor Kurzem einen Bestseller in den USA. Ihre Botschaft lautet ebenfalls: Männer und Frauen sind zum Anderssein verdammt, weil ihre Gehirne so unterschiedlich funktionieren.
Oft sind es nur Vorurteile
Das Problem: Die Forschungslage ist mitnichten so eindeutig, wie diese Autoren behaupten. Nur wenige Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind naturgegeben und unveränderlich. Innerhalb der Geschlechter gibt es weit größere Unterschiede als zwischen ihnen. Anders formuliert: Die Gemeinsamkeiten von Frauen und Männern sind viel größer als ihre Differenzen!
Nur wenige Unterschiede
Die amerikanische Psychologin Janet S. Hyde, Professorin an der University of Wisconsin, hat Tausende von Daten aus Studien über Geschlechterunterschiede verglichen. Ihr Ergebnis: Frauen werfen nicht so gut. Sie sind weniger aufgeschlossen für schnelle Sexualkontakte und neigen nicht so stark zu körperlicher Aggression. Andere Unterschiede fallen, statistisch gesehen, kaum ins Gewicht. Dennoch: Kommunizieren Frauen und Männer nicht oft aneinander vorbei?
Mehr angelernt als angeboren
Das ist nicht ausgeschlossen, dennoch ist die Schuld nicht nur in den Genen oder in den Hirnstrukturen zu suchen. Studien zeigen: Genau diese Vorurteile über die angeblich angeborenen Unterschiede von Frau und Mann führen dazu, dass viele Frauen sich nicht an Matheaufgaben herantrauen, öfter Germanistik statt Physik studieren und „weich“ statt „hart“ kommunizieren.
Das Gehirn von Babys ist nicht fertig, wenn sie auf die Welt kommen. 90 % der Verknüpfungen zwischen den Nervenzellen entwickeln sich in den ersten Lebensjahren. Bis nach der Pubertät strukturieren sie sich immer wieder grundlegend um. Erfahrungen und Erlerntes spielen dabei eine wichtige Rolle.
So entsteht ein Großteil der Missverständnisse bei der Kommunikation, weil Mädchen und Jungen vom ersten Lebenstag an immer noch unterschiedlich geprägt werden: Eltern und Großeltern, Freunde und Lehrer sowie die Medien machen ihnen – oft unterschwellig – klar, wie sich ein „richtiges“ Mädchen oder ein „richtiger“ Junge zu verhalten hat.
Zwar stoßen Erziehungsmaßstäbe wie „Jungen weinen nicht“ oder „Mädchen tragen keine Hosen“ heutzutage auf Ablehnung. Doch vermitteln Eltern und Umwelt weiterhin unbewusst tradierte Geschlechterrollen, wie z. B. Baby-X-Versuche zeigen.
Unbewusst vermittelte Geschlechterrollen
Konfrontiert man Erwachsene mit einem neutral gekleideten Baby, behandeln sie das Kind anders, je nachdem, ob ihnen gesagt wurde, dass es sich um einen Jungen oder ein Mädchen handelt. Bei „männlichen“ Kindern wählen sie eher ein Auto als Spielzeug, bei „weiblichen“ eine Puppe. Angebliche Jungen animieren die Versuchspersonen zu körperlicher Aktivität, mit mutmaßlichen Mädchen gehen sie fürsorglicher um. Erschrickt das Kind, interpretieren sie das bei Mädchen als Angst, bei Jungen als Ärger.
Überlegen Sie selbst: Würden Sie einem Jungen eine Barbiepuppe schenken?
Wie sieht die Welt der Männer aus?
Sehr klischeehaft beschrieben sieht sie so aus: Schon von früh an wachsen Jungen in einer Welt auf, in der es um Hierarchie und Macht geht. Fast alle Jungenspiele drehen sich ums Gewinnen. Spiele, bei denen man nicht gewinnen kann, finden Jungen schnell langweilig. Daraus folgt, dass Jungen wie Männer zu vermeiden suchen, zu verlieren oder Schwächen zu zeigen.
Für die Kommunikation hat das deutliche Folgen:
- Viele Männer verspüren stets das Gefühl, sich beweisen zu müssen. Damit verbunden sind Fragen wie: „Habe ich Einfluss? Kann ich (mit)bestimmen?“
- Männer versuchen deshalb öfter, sich in Gesprächen zu profilieren und ihre Machtposition zu festigen oder auszubauen.
- Männer sprechen eher sach- und aufgabenbezogen. In ihren Gesprächen geht es primär um Informationen – über Gefühle reden sie nicht so gern.
Wie sieht die Welt der Frauen aus?
Ebenfalls in Stereotypen formuliert: Im Gegensatz zu Jungen dreht sich bei Mädchen alles darum, dazuzugehören und nicht ausgeschlossen zu sein. Das führt dazu, dass Mädchen viele Spiele haben, bei denen das Dabei-Sein und das Mitmachen wichtiger ist als das Gewinnen.
Für ihre Kommunikation folgt daraus:
- Frauen drücken sich eher auf einer persönlichen Ebene aus. Um Nähe herzustellen, lassen sie im Verlauf von Gesprächen oft eigene Erlebnisse und Erfahrungen einfließen.
- Frauen fühlen sich wohl, wenn die Beziehung stimmt. Sie sind mehr an indirekten Botschaften interessiert als Männer – weil die indirekten Botschaften etwas über die Beziehung zwischen „Sender“ und „Empfänger“ aussagen.
- Um die Harmonie zu erhalten, umgehen Frauen gern Konflikte. Ein Nein fällt ihnen schwer.
- Viele Frauen neigen zu einer Gesprächsführungstechnik, bei der die Gleichheit bewahrt wird. Die Sprecherin möchte ihr Ziel erreichen, ohne ihre Macht zu demonstrieren.
Wenn Männer und Frauen zusammentreffen, entstehen so leicht Missverständnisse: zum einen, weil uns der eigene Gesprächsstil in der Regel nicht bewusst ist. Wir bemerken nur, wenn der andere nicht nach unseren unsichtbaren Regeln verfährt. Zum anderen, weil Sender und Empfänger unterschiedlicher Meinung sind, was die indirekt geäußerten Botschaften betrifft.
Beispiel aus der Redaktion des : Ein Mann sagt zu seiner Frau: „Wir haben kein Brot mehr.“ Die Botschaft scheint zunächst klar: Es ist kein Brot mehr da. So einfach ist Kommunikation aber selten, denn der Satz kann indirekte Botschaften enthalten.
Es könnte sich bei den Worten
- um eine indirekte Aufforderung handeln, einkaufen zu gehen;
- um eine Anschuldigung à la „Du hast nicht eingekauft“ oder „Du hast das Brot vergessen“;
- oder um den indirekten Auftakt zu dem Vorschlag, essen zu gehen.
In jedem Fall kann sogar diese schlichte Aussage zu einem Streit führen, wenn nämlich die Empfängerin sich dadurch kritisiert fühlt.
Sie könnte wütend antworten: „Dann geh doch nächstes Mal selbst einkaufen!“ Oder ihrerseits anklagen: „Warum hast du das nicht eher gesagt, jetzt sind die Geschäfte zu!“
In diesem Fall würde der Sender sich wahrscheinlich auf den Wortlaut seiner Aussage berufen: „Ich habe doch nur gesagt, dass wir kein Brot mehr haben!“
Das Beispiel zeigt, dass Frauen bei Gesprächen unbewusst meist auf die Frage achten: „Was sagt das über meine Beziehung (zum Sprecher oder zu anderen) aus?“, während Männern die Frage vorschwebt: „Was sagt das über meinen Status aus?“
So verbessern Sie Ihre Kommunikation mit dem anderen Geschlecht
1. Regel: Seien Sie wachsam
Sprache ist etwas Lebendiges, das von vielen (unsichtbaren) Regeln bestimmt wird. Wichtig ist, dass Sie eine bestimmte Wachsamkeit diesen unsichtbaren Regeln gegenüber pflegen. Berücksichtigen Sie bei Ihren Gesprächspartnern die Lern- und Lebenserfahrungen infolge der Geschlechtszugehörigkeit. Mit feinen Ohren für „Frauensprache“ bzw. „Männersprache“ können Sie viele Missverständnisse von vornherein vermeiden.
2. Regel: Lernen Sie eine neue „Fremdsprache“
Sie haben ein „fremdes“ Kommunikationsmuster beim anderen Geschlecht entdeckt? Sprechen Sie – soweit möglich, z. B. mit Freunden oder dem (Ehe-)Partner – über das Sprechen. So können Sie einiges über die Sprache des anderen lernen – und gemeinsam Brücken zu einer besseren Verständigung bauen.
3. Regel: Besonders für Ihr Berufsleben gilt: Unterscheiden Sie zwischen Ihrer Person und Ihrer Rolle
Menschen im Arbeitsleben übernehmen bestimmte Positionen und Funktionen – und damit Rollen. Sie sind Führungskraft, Buchhalterin, Ingenieurin, Friseur, Monteur – um nur einige zu nennen.
Die Anforderungen an diese Rollen werden von außen gestellt. Ob Sie Verkäuferin oder Verkäufer, Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt sind: Ihre Kunden, Vorgesetzten und Kollegen erwarten von Ihnen die gleiche Professionalität und kein geschlechtsspezifisches Gebaren.
Für Frauen und Männer gilt deshalb: Ihre Kommunikation im Beruf muss sich an den Erwartungen der Rolle orientieren – und nicht an erworbenen männlichen oder weiblichen Verhaltensmustern.
Von der Theorie zur Praxis: So lösen Sie schwierige Gesprächssituationen
Zurück zu unseren Beispielen vom Anfang: Wie bewältigen Sie die darin beschriebenen „geschlechtskritischen“ Kommunikationssituationen?
Zum Beispiel 1: Unter Kollegen
Sieglinde Berger ärgert sich, dass ihr Kollege Franz Drews die gemeinsame Anreise zum Fortbildungsseminar einfach bestimmt. „Typisch Mann!“, denkt sie – und hat damit immerhin den ersten Schritt getan: Sie nimmt wahr, dass Männer ihre Vorstellungen in der Regel klar und deutlich formulieren. Damit geben sie zwangsläufig Fakten vor.
Die pragmatische Meinung der Männer: Wenn es dem anderen nicht passt, kann er ja widersprechen und Alternativen vorbringen. Frauen steuern ihr Ziel nicht so direkt an, klopfen mit Fragen erst Meinungsterrain ab – manchmal auch dann, wenn sie schon genau wissen, was sie wollen. Ihr Anliegen: Die anderen nicht überrumpeln, sondern erst einmal ihre Meinung erfahren.
Wie können Sie die Kommunikation verbessern?
Für Frauen: Sagen Sie Nein, wenn Ihnen ein Vorschlag nicht gefällt, und bringen Sie einen Gegenvorschlag: „Eigentlich könnte ich doch einmal zur Abwechslung den Chauffeur spielen. Erstens ist es viel näher, wenn ich dich abhole, als umgekehrt, und zweitens kann ich dir dann endlich einmal mein neues Auto zeigen.“
(Der Vorschlag ist schlecht abzulehnen – und sie hat den Kollegen nicht wegen seines Fahrstils angegriffen. Er kann also sein Gesicht/seinen Status wahren.)
Für Männer: Formulieren Sie Vorschläge als Vorschläge – und nicht als Anweisungen: „Ich könnte dich morgen zum Seminar mitnehmen und so gegen 8:00 Uhr abholen. Wäre das okay für dich?“
Extra-Tipp: Beachten Sie die Rolle, in der Sie sind
Die Beispielsituation ist klar im beruflichen Umfeld angesiedelt. Auch wenn Frau Bergers Kommentar „typisch Mann“ einen gewissen Grad an Erkenntnis symbolisiert – solche Äußerungen haben im beruflichen Umfeld nichts zu suchen!
Beachten Sie bei der beruflichen Kommunikation stets die Situation und die Rolle, in der Sie sind. Denn: Wäre Herr Drews nicht der Kollege, sondern der Vorgesetzte von Frau Berger, könnte seine Anweisung „Ich hole Sie morgen um acht Uhr ab“ durchaus angemessen sein – im umgekehrten Fall (Herr Drews ist ein Mitarbeiter von Frau Berger) hingegen ist sie völlig unangemessen.
Zum Beispiel 2: Im Privatleben
Das Ehepaar Goldmann sucht nach einem passenden Termin für eine Grill-Party. Obwohl die Sachlage klar ist (beide können den Samstagabend einrichten), kommt es zum Konflikt: Frau Goldmann hinterfragt, warum ihr Mann zusagt – da er ihrer Meinung nach an diesem Abend lieber auf die Jagd gehen würde.
Eine typische Situation! Sie will die Bedürfnisse Ihres Partners erspüren, berücksichtigen und über Gefühle sprechen. Der lösungsorientierte Mann hat beschlossen, auf den Jagdabend zugunsten des Grillens zu verzichten – weitere Diskussion unnötig! (Die Qualität der Beziehung steht damit für ihn überhaupt nicht infrage.)
Das Problem: Beide Geschlechter sind sich dieses Unterschieds nicht bewusst. Jeder erwartet vom anderen, dass er genauso denkt und fühlt, wie Mann/Frau selbst.
Wie können Sie die Kommunikation verbessern?
Insbesondere Paaren bleibt hier nur ein Weg: über die beidseitigen Wahrnehmungen zu sprechen. Statt Zurückziehens, Schmollens oder gar Streitens hilft der Wechsel auf die Ebene der Metakommunikation: Jeder erläutert – bitte nur in Ich-Botschaften! –, warum er/sie sagt, was er/sie sagt: Was geht in mir vor? Welche Mechanismen laufen ab? Was stört mich an der Reaktion des anderen?
Für Frauen und Männer:
- Hier geht es auch um einen Austausch über Gefühle – und das bedeutet insbesondere für den männlichen Gesprächsteilnehmer Stress. Nützlich ist deshalb zu Beginn die Frage: „Was ist geschehen?“ Sie hilft, Objektivität zu gewinnen und die eigene Mitte wiederzufinden. Stellen Sie erst im zweiten Schritt die Frage nach dem Warum.
- Natürlich können Sie Ihren jeweiligen Gesprächsstil nicht komplett ändern. Ein Verhalten, das Sie schon in frühester Kindheit erlernt haben, lässt sich nicht vollständig revidieren. Aber: Das Verstehen der unterschiedlichen Kommunikationsformen verbessert Ihre Beziehung entscheidend! Wenn Sie sich erst einmal bewusst geworden sind, dass Ihr Partner/Ihre Partnerin einen anderen Gesprächsstil pflegt, sind Sie eher bereit, die daraus resultierenden Probleme zu akzeptieren – ohne gleich die gesamte Partnerschaft infrage zu stellen.
- Verlieren Sie nicht den Humor. Schmunzeln Sie über sich selbst und Ihre typischen männlichen oder weiblichen Strategien.
Zum Beispiel 3: Mitarbeiter und Vorgesetzte
Um anderen nicht auf die Füße zu treten oder sich über sie zu erheben, drücken sich Frauen oft vorsichtig aus. Das ist auch in unserem dritten Beispiel der Fall: Die Chefin kritisiert ihren Mitarbeiter indirekt – doch der hört nur das Lob und reagiert nicht auf die Kritik.
Oft formulieren Frauen ihre Kritik auch in Form einer Frage: „Hatten wir uns nicht darauf geeinigt, dass Sie den Bericht überarbeiten?“ Was zum einen von Männern meist als Informationsfrage verstanden wird, die mit Ja oder Nein zu beantworten ist. Zum anderen fühlen sie sich durch so eine Frage dazu verführt, zwecks Selbstschutz mit Nein zu antworten.
Wie können Sie die Kommunikation verbessern?
Für Frauen:
- Verzichten Sie auf Formulierungen, die Ihre Aussagen abschwächen. Tabu in diesem Zusammenhang sind Wörter wie „nur“, „eigentlich“, „vielleicht“, „eventuell“ oder Formulierungen wie „Ich meine ja nur …“.
- Eine vorsichtige Sprechweise zeigt sich auch nonverbal: etwa in einer leisen Stimme, einer unsicheren Gestik, einem entschuldigenden Lächeln. Achten Sie deshalb auf Ihre Körpersprache: Mit festem Blickkontakt, aufrechter Haltung, sicherer Gestik und Stimme können Sie das, was Sie sagen wollen, unterstreichen.
- Äußern Sie Ihre Kritik unmissverständlich. Halten Sie sich dabei an die Erfolgsformel der „3 W“: Wahrnehmung, Wirkung und Wunsch. Natürlich können Sie Ihre Kritik mit einem Lob verknüpfen, das Sie als positive Einstimmung verwenden. Die Chefin im Beispiel hat also den Einstieg ganz richtig gemacht: „Herr Meyer, Ihr Projektbericht gefällt mir!“ Danach hätte sie aber konkreter werden sollen – mit den „3 W“:
- Beschreiben Sie zunächst absolut wertfrei nur das, was auch ein neutraler Beobachter hätte wahrnehmen können: „Ich habe noch einige kleine Änderungswünsche, z. B. in den Kapiteln a und c.
- Beschreiben Sie die Wirkung: „Die Änderungen beziehen sich insbesondere auf den Informationsfluss mit den Nachbarabteilungen, die in diesem Punkt immer sehr empfindlich reagieren. Diese Empfindlichkeiten möchte ich von vornherein vermeiden.“
- Jetzt erst sagen Sie, was Sie sich wünschen – so konkret wie möglich: „Bitte arbeiten Sie die Korrekturen bis Donnerstag ein, damit wir den Bericht zum Wochenende weitergeben können.“
Für Männer:
- Sie können solche Missverständnisse vermeiden, wenn Sie bei Ihrer Kommunikation prinzipiell Ihre Rolle, die Sache und die Beziehung berücksichtigen.
- Hätte Herr Meyer das getan, dann hätte er sich in seine Rolle als Mitarbeiter besser eingefunden – und die Änderungswünsche schon aus seinem Rollenverständnis heraus (nach dem Motto „Der Wunsch der Chefin ist mir Befehl!“) eingearbeitet.
- Außerdem hätte er die beziehungsorientierte Kommunikation der Chefin sachorientiert hinterfragen können, etwa so: „Wie weit gehen Ihre Änderungswünsche denn? Ich bin bis Freitag mit Kundenterminen voll belegt, deshalb reicht meine Zeit in dieser Woche nur für kosmetische Korrekturen. Grundlegendes kann ich erst in der nächsten Woche ändern.“
Was die Kommunikation noch schwierig macht
1. Die „Angriffslust“ der Männer
„“ – Spätestens seit dem Bestseller von Ute Ehrhardt ist bekannt, dass brave Mädchen es nicht weit bringen, böse dagegen die Welt erobern. Und auch wer die Vehemenz dieser Aussage nicht teilen will, kennt Situationen, in denen Frauen eingeschüchtert auf Männer reagieren – wenn diese sie auf die Probe stellen, provozieren oder herabsetzen wollen.
Dabei meinen es Männer oft gar nicht so. Ganz im Sinne von „sich mit anderen messen“ tendieren sie einfach zu Wortgefechten. Ohne bösen Hintersinn flechten sie Provokationen, Hänseleien oder ironische Bemerkungen in ihre Gespräche ein. So manchem macht ein kleiner verbaler Schlagabtausch regelrecht Spaß. Und in ihrer Achtung steigen die, die gut parieren.
3 Beispiele aus :
- Sprechen Sie über Ihre Wahrnehmung, statt den anderen zu beschuldigen. Sagen Sie statt „Du bist unordentlich und rücksichtslos“ besser „Mich stört es, wenn die Socken auf dem Boden herumliegen. Bitte räume die Kleidung weg.“
- In der Vertriebsleiterkonferenz betont Frau Emmerling: „Die Kosten müssen reduziert werden!“ Herr Müller ist angriffslustig und sucht die Konfrontation: „Ihre Sprechzeiten auch!“
- Auf einem offiziellen Empfang treffen sich Frau Berg und Herr Frese am Buffet. Mit einem Blick auf ihren Teller bemerkt er: „Na, heute wieder richtig zugelangt – wohl lange nichts zu essen gehabt?“
-
Frau Berg fühlt sich angegriffen, sucht die Beziehungsbotschaft hinter der Sachaussage und überlegt: „Bin ich zu dick?“ Sie reagiert pikiert. Herr Frese denkt: „Du meine Güte! Die versteht ja überhaupt keinen Spaß!“
Die Beispiele machen deutlich: Frauen sind so einen ruppigen Kommunikationsstil eher nicht gewöhnt. Sie fühlen sich durch verbale Angriffe stärker verletzt und verunsichert als Männer, weil sie ihr Verhalten mehr darauf ausrichten, die Zustimmung und Billigung anderer zu finden. Ein Angriff löst spontan nicht den Gegenschlag, sondern die Tendenz zur Flucht aus.
In solchen Momenten verschlägt es Frauen die Sprache, sie können sich nicht zur Wehr setzen. Erst wenn die konkrete Stresssituation – und verbale Angriffe sind purer Stress – vorüber ist, fällt ihnen eine schlagfertige Entgegnung ein. Doch dann ist es natürlich längst zu spät.
Wie können Sie die Kommunikation verbessern?
Für Frauen:
- Beachten Sie beim Hören: Sie haben die Wahl! Sie können sich entscheiden, ob Sie auf der Sach- oder Beziehungsebene reagieren. In den meisten Fällen ist es die bessere Entscheidung, auf der Sachebene zu antworten.
- Reagieren Sie auf provokative Äußerungen mit einer sachorientierten Gegenfrage oder einem einfachen Ja oder Nein. Im ersten Beispiel antworten Sie also am besten „Nein!“ oder „Wo sehen Sie Probleme?“. Im zweiten Beispiel: „Wie meinen Sie das?“ oder einfach „Ja“.
Für Männer:
- Bedenken Sie beim Sprechen: Mit Ironie und Frotzeleien können Sie andere verletzen. Nur wenn die Beziehung wirklich gut ist, können Sie Glück haben, dass Ihr Gegenüber mit Ihnen lacht. Doch sicher ist das selbst dann nicht.
- Bedenken Sie: Jeder Satz sagt mindestens genauso viel über Sie als sendende Person aus wie über die empfangende Person.
2. Die „Fragerei“ der Frauen
Frauen gehen mit Fragen unbefangener um als Männer. Sie fragen, wenn sie etwas nicht wissen, wenn sie unsicher sind, wenn sie etwas nicht richtig verstanden haben, wenn sie – die klassische Situation! – im Auto den richtigen Weg nicht kennen. Ihre Meinung: Das spart Zeit und verhindert Fehlentscheidungen.
Für Männer hingegen sind Fragen oft ein Symbol für Schwäche. Sie befürchten einen Image-Verlust, da sie durch eine Frage quasi zugeben, etwas nicht zu wissen.
Beispiele:
- Frau Gehring sagt auf dem Elternabend: „Ich denke, Herr Weber ist der Richtige für die Position des Elternsprechers. Finden Sie nicht auch?“
-
Männer empfinden diese Art von Rückfragen als Unsicherheit, denn sie würden sich zum selben Thema ganz anders äußern, etwa so: „Herr Weber ist der richtige Mann für die Position des Elternsprechers. Da bin ich mir sicher!“
-
Herr Becker kennt die Auswertung der neuesten Kundenbefragung noch nicht. Statt zu fragen: „Könnten Sie mir die Auswertung mailen?“, sagt er: „Frau Borgmann, diese Zahlen brauche ich unbedingt. Bitte mailen Sie sie mir.“ Die Kollegin fühlt sich (zu Unrecht) kritisiert und überlegt: „Habe ich den falschen Verteiler genommen?“
Wie können Sie die Kommunikation verbessern?
Für Frauen:
- Nicht alle Fragen sind ein Zeichen von Schwäche. So sind zum Beispiel Fragen, die offensichtlich Ihrem selbstverschuldeten Informationsdefizit entspringen, nicht empfehlenswert. Besser ist es, wenn Sie sich thematisch vorbereiten und gezielte Fragen stellen.
- „Worum geht es? Ich kenne diesen Bericht nicht.“
- „Es gibt auch andere Meinungen dazu. Haben Sie die Studie von Herrn Professor Klein auch berücksichtigt?“
- Üben Sie sich in sicherer Kommunikation. Zu viele unnötige Fragen lassen Sie unsicher wirken – wie eine Schülerin.
- Fragen Sie auch in öffentlichen Kommunikationssituationen! Am Ende eines Vortrags beispielsweise stellt typischerweise ein Mann die erste Frage. Auch sind die „öffentlichen“ Fragen, die Männer stellen, kritischer und dauern länger. Sprachforscher haben gemessen: Bei einer Konferenz, bei der Frauen und Männer zu etwa gleichen Teilen als Sprecher und im Publikum vertreten sind, kommen nur rund 30 % der Fragen von Frauen. Und die Fragen der Frauen dauern nur halb so lang wie die durchschnittlichen Fragen der Männer!
Für Männer:
- Fragen zeugen von wachem Geist und kritischem Verstand. Und: Fehler aufgrund von Informationsdefiziten sind teuer – und vermeidbar! Maßnahmen nach dem Motto „im Nebel stochern“ sind dazu noch zeitaufwendig. Fazit: Eine Frage zur rechten Zeit kann wertvoll sein!
6 Tipps: So vermeiden Sie Missverständnisse
Das treibt Männer an |
Tipps für Frauen |
Männer fragen: „Habe ich Einfluss? Kann ich mitbestimmen?“ |
Bevorzugen Sie eine klare Kommunikation. Sagen Sie deutlich Ja oder Nein, achten Sie auf eine sichere Körpersprache. Formulieren Sie Kritik mit der „3 W“-Methode. Dann messen Männer Ihren Aussagen die gewünschte Bedeutung bei. |
Männer versuchen, sich in Gesprächen zu profilieren und ihren Status festzuschreiben. |
Reagieren Sie stets sachbezogen, auch auf Provokationen oder Witzeleien. Versuchen Sie, keine Beziehungsbotschaften hineinzuinterpretieren. |
Männer sprechen sach- und aufgabenbezogen. Ihnen geht es mehr um Informationen, weniger um Gefühle. |
Beginnen Sie kritische Gespräche mit der Frage „Was ist geschehen?“. Das fördert die Objektivität. Stellen Sie erst im zweiten Schritt die Frage nach dem Warum. |
Das treibt Frauen an |
Tipps für Männer |
Frauen achten auf die Beziehung zum Gesprächspartner und bevorzugen indirekte Botschaften. |
Hinterfragen Sie indirekte Äußerungen von Frauen direkt:
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Frauen wünschen sich Harmonie und umgehen Konflikte. Ein Nein fällt ihnen schwer. |
Kommunizieren Sie sicher, aber nicht autoritär. Formulieren Sie Vorschläge als Vorschläge, Fragen als Fragen – so vermeiden Sie, dass Ihre Wünsche als Anweisungen missinterpretiert werden. |
Frauen wollen keine Macht demonstrieren, sondern spielen ihre Autorität herunter. |
Berücksichtigen Sie Ihre Rolle und Ihre Beziehung zur Sprecherin. Antworten und handeln Sie gemäß Ihrer Rolle. |